Ein neuer Blick auf die altbewährten Dioramen

Medienmitteilung

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Dioramen Tiere Afrikas
Eingang unserer Ausstellung «Tiere Afrikas». NMBE/Rodriguez

Unsere beliebten historischen Dioramen sind buchstäblich in die Jahre gekommen: Die «Tiere Afrikas» und «Tiere der Schweiz» sind über 80 Jahre alt und auch «Tiere des Nordens» stammen aus den 1940er- bis 1960er-Jahren. Nun haben die klassischen Schaukästen eine Auffrischung erhalten: Einordnende, zeitgemässe multimediale Informationen rücken die «3D-Bilderbücher» ins rechte Licht und machen ihre historische Dimension sichtbar.

Die Dioramen des Naturhistorischen Museums Bern, insbesondere die «Tiere Afrikas» und die «Tiere der Schweiz», sind die historischen Herzstücke des Museums. Sie haben Generationen von Besuchenden begeistert und ihnen nicht nur Tiere des afrikanischen Kontinents vor Augen geführt, sondern auch die wilde, oft ebenso unbekannte Natur vor der Haustüre. Die klassischen Schaukästen, die «begehbaren Bilderbücher» mit ihren Inszenierungen und Akteuren sind noch heute Publikumslieblinge. Bei ihrer Entstehung in den Dreissigerjahren galten sie als «State of the Art» zoologischer Präparier- und Ausstellungskunst, doch die Darstellungsform ist in die Jahre gekommen. So wissen wir heute mehr denn je, dass Dioramen keine präzisen Wirklichkeitsabbildungen sind, sondern auch Interpretationen und Inszenierungen ihrer Erschaffer:innen. Und oftmals war die Zusammenstellung ganz pragmatisch von der Verfügbarkeit von Objekten und von den Platzverhältnissen abhängig. Sie zeigen zuweilen Tiergruppen, die in der Natur nicht nebeneinander vorkommen.

Das Dioramen-Update will nicht nur vermitteln, dass die Naturbilder schon zum Zeitpunkt ihrer Entstehung oftmals idyllischer waren als die Realität. Auch der geschichtliche Kontext wird aufgearbeitet. So stammt ein grosser Teil der «Tiere Afrikas» aus den von Grossbritannien besetzten Gebieten Ostafrikas Kenia/Uganda. Die Grosswildjägerin Vivienne von Wattenwyl und ihr Vater Bernard erlegten die Tiere zwischen 1923 und 1924 auf einer Jagdsafari und liessen die Häute und Knochen nach Bern schaffen. Die beiden profitierten dabei mitunter von den kolonialen Strukturen, also von der Ausbeutung des Wissens und der Arbeitskraft der lokalen Bevölkerung. Bis heute hat die Jagd auf Tiertrophäen auf dem afrikanischen Kontinent Tradition. Sie wird kontrovers diskutiert: Es existieren unzählige Interessenkonflikte und der Grad zwischen Schutz und Nutzen der Natur ist schmal.

Ein neuer Blick auf heimische Lebenswelten

Nebst einer ausführlichen Eingangszone mit digitalen Fotoalben finden Besuchende bei jedem Diorama zusätzliche Informationen. Die Beschriftungen vermitteln nicht länger nur klassische Angaben wie Name oder Gefährdungsstatus eines Tiers, sondern zusätzliche wissenswerte Aspekte unter anderem zum Artenschwund und zur Lebensraumzerstörung. Diese betreffen nicht nur Tiere in der Fremde, sondern auch jene vor unserer Haustür. So erlaubt das Update einen neuen, differenzierten Blick auf die «Tiere der Schweiz». Als dieser Dioramenteil 1941 eröffnet wurde, war die einheimische Tierwelt vielen Leuten praktisch unbekannt. Naturkundliche Bildbände oder Filme waren unerschwinglich oder nicht vorhanden. Heute können anhand dieser Dioramen hochaktuelle Themen wie beispielsweise die Lebensraumzerstörung und der Artenschwund verhandelt werden.

Im Rahmenprogramm zum Dioramen-Update veranstalten wir eine Podiumsreihe. Am 20. Oktober diskutieren unter dem Titel «Die Wiederbelebung eines Nashorns» Friederike von Houwald, Direktorin Tierpark Bern, Aline Stadler, Philosophin, Heinz Furrer, Mammutspezialist und ehemals Kurator des Paläontologischen Museums der Universität Zürich, sowie Dora Strahm, Ausstellungskuratorin NMBE, über Fragen wie: Findet zurzeit ein Massenaussterben statt, wie weit soll der Mensch eingreifen, um Arten zu erhalten oder wieder zu erschaffen, und haben wir überhaupt noch Platz auf der Erde für alle Lebewesen? Am 17. November diskutieren Gesine Krüger, Historikerin mit Schwerpunkt Postkolonialismus der Universität Zürich, Solomon Sebuliba (UGA), Umweltbiologe der Universität Oldenburg, Antoine Spillmann, Vorsitzender der Schweizer Sektion des Safari Club Internationale, und Stefan Hertwig, Leiter Wirbeltiere NMBE, im Rahmen von «Grosswildjagd und Kolonialgeschichte: Welche Rolle spiel(t)en wir?» über Grosswildjagd, Kolonialismus und den Umgang der Museen mit ihrem Erbe. Moderiert werden die Anlässe vom Wissenschaftsjournalisten Beat Glogger, Beginn ist jeweils um 19 Uhr. Anmelden können Sie sich hier.