Virtuell: Unterwegs in «Queer — Vielfalt ist unsere Natur»

Museum digital

Naturhistorisches Museum Bern Ausstellung Queer Vielfalt ist unsere Natur
Die Sonderausstellung «Queer» im Naturhistorischen Museum Bern. NMBE/ Rodriguez

Egal, von wo und um welche Zeit: Schlendern Sie durch unsere Sonderausstellung «Queer — Vielfalt ist unsere Natur».

Unsere vergangene und preisgekrönte Soinderausstellung «Queer - Vielfalt ist unsere Natur» geht Online: So können Sie von überall und jederzeit unsere ehemalige Sonderausstellung besuchen. Erhalten Sie einen Einblick in die Vielfalt der Geschlechter und sexuellen Ausrichtung bei Tieren und Menschen.

Trailer zur Ausstellung «Queer - Vielfalt ist unsere Natur» NMBE

«Queer — Vielfalt ist unsere Natur»

Auch wenn wir die Bezeichnung «queer» für Menschen nutzen, ist in der Tierwelt ausserordentlich viel Queerness zu finden. Und auch das Geschlecht des Menschen ist nicht so eindeutig, wie wir oft vermuten: Weiblich und männlich sind keine festen Kategorien, sondern eher zwei Pole, zwischen denen ein Spektrum besteht.

Mit dem wachsenden Bewusstsein für die Vielfalt in der Natur gewinnt auch die gesellschaftliche Vielfalt an Aufmerksamkeit. Wir befinden uns mitten in einem gesellschaftlichen Wandel, dieser aktiviert gleichzeitig kreative Kräfte und Widerstände.

Die Ausstellung schickt die Besuchenden auf eine Entdeckungsreise ins «Queerreich», eine Welt, die die bunte Fülle in Natur und Gesellschaft aufzeigt, die beim Thema Geschlecht und Sexualität zu finden ist. Eine Expedition, bei der die Besuchenden auch ihre eigene Identität erforschen.

Alle Besuchenden kommen mit ihrem eigenen Rucksack an Vorwissen und Meinungen in die Ausstellung – manche bewegen sich in der Queer-Szene, andere wissen nicht genau, was «queer» überhaupt bedeutet. Dieser Kluft versucht die Ausstellung gerecht zu werden, indem sie sich als Angebot versteht: ein Angebot, den eigenen Rucksack mit neuen Fundstücken an Wissen und Erkenntnissen zu füllen.

Die vier Zonen der Ausstellung

In einem Intro-Film werden die Besuchenden für das bevorstehende Abenteuer gebrieft. Als Ausrüstung erhalten sie ein Expeditionsheft (in Kürze auch Online verfügbar). Das Heft dient der Orientierung und dokumentiert die eigene persönliche Expedition. An mehreren Stationen und mit einem Fragebogen erkunden die Besuchenden ihre eigene Identität.

Vielfalt – In der Natur ist nichts normal

In der ersten Zone geht es um «Queerness» in der Natur: Sie wirft einen ausführlichen Blick auf geschlechtliche Vielfalt in der Tierwelt (Geschlechtswechsel, Zwitter, Jungfernzeugung, eines oder auch tausende Geschlechter). Gezeigt wird zum Beispiel der Clownfisch, der wie auf Knopfdruck sein Geschlecht ändern kann, die Kaukasische Feldeidechse, bei der es keine Männchen gibt, oder der Gemeine Spaltblättling, der über 23‘328 Geschlechter verfügt. Welche Funktionen haben solche Phänomene? Welchen evolutionären Sinn erfüllen sie – oder müssen sie das überhaupt?

Thematisiert wird hier auch, dass homosexuelles Verhalten weit verbreitet ist in der Tierwelt (bei über 1500 Arten beobachtet) und dass es in der Natur keine generell festgelegten Geschlechterrollen gibt. So hält sich das Rotstirnige Blatthühnchen einen Männchen-Harem, das Helmkasuar-Männchen ist ein alleinerziehender Vater und die Weibchen der Tüpfelhyäne sind aggressiver als die Männchen und weisen einen höheren Testosteron-Spiegel auf.

Körperwelten – Unsere Körper, das schöne Durcheinander der Geschlechtsmerkmale

Die englische Sprache ist genauer, was Geschlechter betrifft: Sie unterscheidet zwischen gender (soziales Geschlecht) und sex (biologisches Geschlecht). Im Deutschen stellt Geschlecht einen ziemlich umfassenden Begriff dar, wir meinen damit nämlich auch die Geschlechtsidentität, also das innere Wissen, welches Geschlecht wir haben. Entsprechend komplizierter wird es, wenn das biologische Geschlecht mit dieser Identität nicht übereinstimmt.

Die Zone «Körperwelten» zerlegt das Geschlechtskonzept in seine Bestandteile und wirft einen umfassenden Blick auf das biologische Geschlecht – das ist komplexer, als wohl die meisten vermuten. Wissenschaftlich gesehen bewegen wir uns als Individuen auf einem Spektrum, das sich zwischen typisch männlich und typisch weiblich auffächert. Das biologische Geschlecht des Menschen wird durch mindestens sieben Aspekte bestimmt. Zudem erklärt dieser Bereich der Ausstellung, wie Geschlecht entsteht und warum es überhaupt Geschlechter gibt.

Die geschlechtliche Vielfalt ist in den allermeisten Fällen nicht als Problem, sondern als Bereicherung zu sehen – dafür steht die fotografische Installation «Wesensreise» von zwei Künstlern (Daniel Bolliger und Timon Imveldt), die mit den naturwissenschaftlichen Fakten im Dialog steht. 

Kräfte – Aus gesellschaftlichem Wandel entsteht kreative und destruktive Energie

Der Mensch ist von Natur aus ein Kulturwesen. In diesem Teil betrachten wir gesellschaftliche Aspekte von Queerness und die kulturellen Auswirkungen unserer geschlechtlichen Vielfalt. Alte Normen und Werte stehen im Wandel, das erzeugt Widerstände, aber auch konstruktive Energie, etwa in der Sprache, in der Kultur – und in einzelnen Lebensläufen.

Diese Kräfte beleuchtet eine Station mit sieben Biografien, ein Sprach- und ein Identitätsquiz. Die Station «Kreativer Motor» gibt einen Eindruck von der schieren Fülle an queerer Kultur und «destruktive Kräfte» zeigt die Realität, dass queere Menschen noch immer unter Diskriminierung und Gewalt leiden. Am «Baum der Bekenntnisse» beantworten vier helle Köpfe (etwa der Psychoanalytiker Peter Schneider) vier relevante Fragen – zum Beispiel, was eigentlich natürlich ist oder wie queer die Bibel ist.

Zukunft – So denken wir morgen über Geschlecht und Sexualität

Auf der Galerie können die Besuchenden nicht nur einen Blick auf die Ausstellung von oben werfen, sie werfen auch einen Blick in die Zukunft. Wie sieht unsere Gesellschaft in zwanzig Jahren aus? Wir greifen hier zwei Brennpunkte auf (Sport und Männer, die Kinder gebären) und lassen zum Schluss der Ausstellung die Jugend zu Wort kommen, welche die Gesellschaft von morgen prägt.